Jüdische Wurzeln im deutschen Fußball
Gottfried Fuchs hält mit zehn Länderspieltoren in einer Partie den Rekord der DFB-Mannschaft. Kurt Landauer hat in den Dreißiger Jahren und nach dem zweiten Weltkrieg den FC Bayern München als Präsident maßgeblich geprägt. Julius Hirsch galt als einer der besten Kicker seiner Zeit; Sepp Herberger nannte ihn den „Beckenbauer meiner Jugend“. Sie alle waren Juden. Heute ist kaum bekannt, welch großen Anteil jüdische Sportler und Funktionäre am Aufbau des Fußballsports in Deutschland hatten. Eine Ausstellung in der Alten Reichsvogtei soll daran erinnern.
Die Wanderausstellung „Kicker, Kämpfer, Legenden“ hat das Berliner Centum Judaicum zusammengestellt; der Idealverein für Sportkommunikation und Bildung (ISB) hat sie nach Schweinfurt geholt. Ausgerechnet während der Zeit der Fußball-WM. Ein Zufall, wie Kristina Unsleber (ISB) sagt. Wenngleich konzeptionell nicht auf dem neusten Stand so sollen besonders Schulen angesprochen werden. Wie Unsleber sagte, gebe es bereits erste Anmeldungen für spezielle Seminare.
Bei der Eröffnung am Freitag sagte Oberbürgermeister Sebastian Remelé, dass sich eine tiefere Beschäftigung mit dem weithin unbekannten Thema lohne. ISB-Vorsitzender Sebastian Bauer stellte die gesellschaftliche Bedeutung des Themas heraus.
Für Thomas Kram (BLSV) ist der Umgang mit jüdischen Sportlern, die in der Nazi-Diktatur aus den bürgerlichen Vereinen gedrängt wurden, ein Beispiel – „eine gesellschaftliche Blödheit“ – wie eine Mehrheit glaubt, sich über eine Minderheit erheben zu können. Er zog Parallelen zu heute: 20 Prozent aller Deutschen haben einen Migrationshintergrund. Die deutsche Fußballnationalmannschaft gelte als leuchtendes Beispiel gelungener Integration. Doch das sei Profisport. Die kulturellen Aspekte träten im Breitensport viel deutlicher zutage: „Bei einem Sieg ist alles in Ordnung, bei einer Niederlage waren die Türken oder Russen schuld.“ Kram macht einen täglichen Rassismus auf den Sportplätzen aus. Er hielt ein Plädoyer für die Vielfalt – im Sport und in der Gesellschaft.
Das Ausstellungsthema ist aktuell: Vor kurzem hat das Fachmagazin „11freunde“ in einem Sonderdruck die Biografien 192 jüdischer Fußballer zusammengetragen. Dort ist auch Julius Hirsch zu finden. Er ist in Auschwitz ermordet worden.
Die Ausstellung „Kicker, Kämpfer, Legenden“ ist bis zum 5. Juli täglich außer an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr in der Alten Reichsvogtei (Obere Straße 11) zu sehen. Der Eintritt ist frei.